Darf sich ein Architekt Ingenieur nennen?
Gute Frage. Und darf sich ein Ingenieur als Architekt ausgeben? Zunächst stellt sich aber die Frage, wann trage ich als Architekt und Ingenieur überhaupt den Titel?
Fangen wir mit dem Architekten an: Diese Berufsbezeichnung erlangt man, wenn man in der Architektenliste als Mitglied der Architektenkammer eingetragen ist. Grundvoraussetzung, um in die Architektenkammer aufgenommen zu werden, ist ein abgeschlossenes Studium. Hierzu bedarf es einer Regelstudienzeit von 4 Jahren. Häufig umfassen die Bachelorstudiengänge der Architektur nur 6 Semester, sodass die Studierenden noch ein Masterstudium absolvieren müssen, um die vollen 4 Jahre zu erreichen.
ACHTUNG – die Anforderungen von den Architektenkammern können von Bundesland zu Bundesland variieren. Hinzu kommt, dass nicht jeder Studiengang der Architektur dem Anspruch der Architektenkammer entspricht. Fehlende Inhalte oder nicht anerkannte Fernstudiengänge können eine Zulassung in die Architekturkammer gefährden. Für Studierende lautet die Empfehlung, sich die Anforderungen der Architekturkammer vorab im gewünschten Bundesland anzuschauen. Zuständig für die Regelung der Architektenkammer sind die Architektengesetze der einzelnen Bundesländer. Unter Berücksichtigung aller Aspekte steht dann später als Architekt bei der Anmeldung in der Architekturkammer des gewünschten Bundeslandes auch nichts mehr im Weg.
Hast du dein Architekturstudium erfolgreich abgeschlossen, liegt dir noch nicht die große weite Welt der Architekturszene zu Füßen, denn es gilt weitere Auflagen zu berücksichtigen. Erst nach zweijähriger Berufserfahrung kann die Eintragung erfolgen.
Bitte beachte: Es gibt Kammern, bei denen du dich registrieren musst, sobald du eine praktische Tätigkeit aufnimmst, sonst gelten die zwei Jahre nicht. Im Worst Case würden dann zwei weitere Praxisjahre anstehen, um dich in der Kammer eintragen zu lassen.
Müssen Ingenieure auch einer Kammer beitreten, um als Ingenieur tätig zu werden?
Die Regelung ist im Gegensatz zu Architekten nicht so eindeutig geklärt. Es gibt in Deutschland in jedem Bundesland ein eigenständiges Ingenieurgesetz, denn Ingenieurgesetze sind Ländersache. Gewährleistet muss sein, dass die Ingenieure an einer deutschen Hochschule das Studium einer technischen oder naturwissenschaftlichen Fachrichtung mit der Dauer von mindestens drei Jahren in Vollzeit absolviert haben.
In einigen Ingenieurkammern unterscheidet man zwischen den Ingenieuren als Pflichtmitglieder oder einer freiwilligen Mitgliedschaft.
Pflichtmitglieder
Beratende Ingenieure sind gesetzlich verpflichtet, Mitglied in einer der 16 deutschen Länderingenieurkammern zu werden. Sie führen eine gesetzlich geschützte Berufsbezeichnung und sind freiberuflich sowie unabhängig tätig. Zudem bestehen keine eigenen Produkt- oder Lieferinteressen. Um eine geschützte Berufsbezeichnung zu führen, werden nach der Regelstudienzeit mindestens 3-5 Jahre Berufserfahrung als Ingenieur vorausgesetzt. Beratende Ingenieure erhalten eine Urkunde und einen Kammerstempel.
Weitere verpflichtende Mitglieder sind Stadtplaner, Bauvorlageberechtigte und Fachingenieure (IngKH)
Freiwillige Mitgliedschaft
Selbstständige Ingenieure dürfen den Beruf eigenverantwortlich ausführen und im Gegensatz zum Pflichtmitglied Drittinteressen in Form von Produkten, Lieferungen oder Leistungen vertreten. Für die Ingenieure besteht die Möglichkeit, sich einer freiwilligen Mitgliedschaft anzuschließen.
Angestellte Ingenieure haben ebenfalls die Möglichkeit, als freiwilliges Mitglied der Ingenieurkammer beizutreten.
Bevor wir nun klären, wer sich wie bezeichnen darf – empfehlen wir euch unseren Blogbeitrag:
UNTERSCHIEDE ZWISCHEN ARCHITEKTEN UND INGENIEUREN
Unterschiede zwischen Architekten und Ingenieuren
Ist es möglich, sich als Architekt auch Ingenieur bzw. als Ingenieur auch Architekt beruflich zu bezeichnen?
Wie unschwer zu erkennen ist, gibt es einige Unterschiede der Berufsgruppen und auch wiederum enge Verflechtungen zwischen Architektur und Ingenieurwesen. Hierzu gehört vor allem das Bauwesen.
Nach einem abgeschlossenen Architekturstudium trägt man den Titel Dipl.-Ing. Architekt, wenn man denn in der Architektenkammer hinterlegt ist. Ein Architekt ist dem Fall als Allrounder zu verstehen. Vom kreativen Entwurf über die Erstellung von Ausführungsplänen für Bauunternehmen bis hin zu Baugesetzen und den Grundlagen der Statik können Architekten auch Bereiche eines Ingenieurs übernehmen.
Das Ing. in der Berufsbezeichnung Architekt schwindet immer mehr aufgrund des Bologna-Prozesses. Hier treten nun im Architekturstudium der Bachelor und Master als Abschluss in den Vordergrund. Die Bezeichnung „Architekt“ und „Stadtplaner“ sind nach erfolgreichem Abschluss und einer Eintragung in der Architektenkammer geschützt.
Nicht jeder Architekt kann sich auch als Ingenieur oder umgekehrt betiteln
Es ist erforderlich, dass ein entsprechendes Studium/Fortbildung an einer Fakultät für Architektur oder Bauingenieurwesen erfolgt ist. Allerdings ist es möglich, aus den fachspezifischen Bereichen Planungsleistungen wie Bauzeichnungen, Statik etc. auszuführen. Da sich Architekten, Ingenieure und andere Fachplaner der HOAI, einer Abrechnungsplattform für die verschiedenen Leistungsphasen, bedienen, verwischen sich auch hier Arbeitsschritte, die von beiden Berufsgruppen ausgeführt werden.
Umgekehrt verhält es sich mit der Kennzeichnung beim Ingenieur, der nicht in der Architektenkammer hinterlegt ist: Dieser darf sich demnach auch nicht als Architekt betiteln, kann aber die Bezeichnung Dipl.-Ing. für Architektur tragen. Hier liegt der kleine, aber feine Unterschied in den Begrifflichkeiten. Die geschützte Berufsbezeichnung Architekt darf nicht genutzt werden, aber Dipl.-Ing. für Architektur wäre durchaus denkbar, da ein Bauingenieur zum Gesamtbild der Architektur beiträgt.
Wer hier zu 100 % sicher sein möchte, erkundigt sich bei den entsprechenden Kammern, denn nicht selten gibt es bei Studiengängen und Fortbildungen Überschneidungen, welche es ermöglichen können, beide Titel zu tragen. Und darüber hinaus bestehen auch von Land zu Land kleine und große Unterschiede.
So oder so gilt es aber darauf zu achten, dass ihr als Architekt oder Ingenieur das richtige Absicherungsnetz habt. Sollte ihr an dieser Stelle Fragen haben, dann können wir euch zu diesem Thema umfassend und vor allem lösungsorientiert beraten.