Bauherrenhaftpflicht vs. Berufshaftpflicht: Klare Grenzen, präzise Absicherung

Auf einer Baustelle können viele Schäden entstehen. Und wenn etwas passiert, greift die Versicherung – so einfach ist das? Nein. Die Realität sieht im Schadensfall häufig etwas komplizierter aus, vor allem dann, wenn mehrere Parteien beteiligt sind. Die Bauherrenhaftpflicht schützt dich als Auftraggeber vor den klassischen Risiken rund um Grundstück und Baustelle. Die Berufshaftpflicht ist dagegen die Lebensader für Architekten, Ingenieure und Planer. Sie greift dann, wenn durch Planungs- oder Überwachungsfehler Schäden entstehen. Beide Policen sind eminent wichtig, decken aber völlig unterschiedliche Risiken ab. Ein guter Anlass, beide Begriffe einmal ordentlich zu trennen und genauer zu behandeln – sodass du nachvollziehen kannst, dass es nicht zwingend Bauherrenhaftpflicht versus Berufshaftpflicht heißen muss, sondern beide Versicherungen Hand in Hand gehen. Denn nur auf diese Art und Weise können sich Bauherr und Gewerke gleichermaßen umfassend absichern.

Bauherrenhaftpflicht vs. Berufshaftpflicht Titelbild
Julia Reusch
Julia Reusch

Wem gehört welche Police?

Wenn es um Haftungsfragen am Bau geht, herrscht schnell mal Verwirrung. Bauherr, Architekt, Ingenieur oder ausführendes Unternehmen – alle tragen Verantwortung, aber auf sehr unterschiedlichen Ebenen. Genau deshalb gibt es nicht die eine Versicherung, die alles abdeckt. Wer welche Police braucht, hängt nämlich stark von der Rolle im Projekt ab. Wo also hört die Bauherrenhaftpflicht auf und wo beginnt die Berufshaftpflicht?

Bauherrenhaftpflicht: Sicherheit für Bauherr und Grundstück

Sobald du ein Bauvorhaben startest, trägst du als Bauherr automatisch Verantwortung – und zwar nicht nur gegenüber den Handwerkern oder Planern, sondern auch gegenüber Dritten. Passiert auf deinem Grundstück etwas, bist du grundsätzlich in der Haftung. Die Bauherrenhaftpflichtversicherung schützt dich genau davor. Sie deckt typische Risiken ab, welche durch das Baugrundstück oder deine Baustelle entstehen können. Etwa, wenn ein Passant in eine Baugrube stürzt, ein Nachbargrundstück beschädigt wird oder sich ein Besucher auf ungesichertem Gelände verletzt.

Wichtig: Die Bauherrenhaftpflicht betrifft ausschließlich das Bauherrenrisiko, also alles, was mit der Verkehrssicherungspflicht rund um dein Grundstück zusammenhängt. Sie ersetzt keine Planungshaftung, keine Bauüberwachung und schon gar keine Fehler in der Ausführung. Trotzdem gehört sie zu den wichtigsten Policen überhaupt, denn ohne sie haftest du im Zweifel mit deinem Privatvermögen. Besonders bei Eigenleistungen wird sie oft unterschätzt, obwohl gerade dort das größte Risiko besteht.

Berufshaftpflicht: Schutz für Planer, Ingenieure und Architekten

Ganz anders sieht es bei der Berufshaftpflichtversicherung aus. Sie ist für Architekten, Ingenieure, Generalplaner, SiGeKos oder Projektsteuerer ein unverzichtbares Element – also für alle, die planen, beraten oder überwachen. Denn schon ein kleiner Planungsfehler kann schnell exorbitante Kosten verursachen. Eine fehlerhafte Statik, eine ungenaue Ausschreibung oder ein übersehener Brandschutznachweis – all das kann im schlimmsten Fall den gesamten Bauablauf stören.

Die Berufshaftpflicht greift genau dann, wenn durch solche Planungs-, Beratungs- oder Überwachungsfehler ein Schaden entsteh. Egal ob am Bauwerk (Sachschaden), an Personen oder in Form eines reinen Vermögensschadens, etwa durch Terminverzögerungen oder Mehrkosten. Darüber hinaus übernimmt sie die Prüfung, ob ein Anspruch überhaupt berechtigt ist, und wehrt unberechtigte Forderungen ab – sie ist also auch dein juristischer Schutzschild.

Während die Bauherrenhaftpflicht auf die physische Baustelle und ihre Umgebung abzielt, schützt dich die Berufshaftpflicht in deiner Rolle als planende oder überwachende Fachperson. Zusammen sorgen dann beide dafür, dass Risiken exakt dort abgesichert sind, wo sie entstehen.

Die häufigsten Verwechslungen bei Bauherren- und Berufshaftpflicht

Trotz (in der Regel) klarer Zuständigkeiten kommt es immer wieder zu Missverständnissen. Begriffe wie Bauherrenhaftpflicht, Berufshaftpflicht oder Bauleistungsversicherung werden im Alltag gern durcheinandergeworfen – verständlich bei der Vielfalt an Versicherungen. Im Schadenfall kann das aber schnell teuer werden, wenn plötzlich niemand zuständig ist. Aus diesem Grund schaffen wir die größten Irrtümer direkt aus der Welt.

„Die Bau­herren­haft­pflicht deckt alle Baustellen­schäden ab“

Das stimmt so nicht. Die Bauherrenhaftpflicht schützt ausschließlich den Bauherrn vor Ansprüchen Dritter, wenn auf dem Grundstück oder der Baustelle etwas passiert. Sie ersetzt aber keine Planungs- oder Überwachungsfehler. Wer plant oder kontrolliert, braucht zusätzlich unbedingt eine Berufshaftpflichtversicherung.

„Berufshaftpflicht brauchen nur Generalunternehmer“

Falsch. Jeder, der plant oder überwacht, trägt eine gewisse Verantwortung – egal ob Architekt, Ingenieur oder SiGeKo. Auch freie Mitarbeiter oder kleinere Büros sollten sich absichern. Bereits ein kleiner Planungsfehler kann nämlich hohe Folgekosten auslösen, die ohne eigene Berufshaftpflichtversicherung mitunter ein existenzbedrohendes Ausmaß annehmen.

„Bauleistungsversicherung ist dasselbe wie Haftpflicht“

Das ist ein häufiger Irrtum. Die Bauleistungsversicherung schützt das entstehende Bauwerk vor unvorhergesehenen Schäden, etwa durch Sturm, Vandalismus oder Materialfehler. Sie hat aber nichts mit Haftung zu tun. Wenn Dritte geschädigt werden, helfen, wie der Name schließen lässt, nur Haftpflichtversicherungen weiter.

„Die Bauherrenhaftpflicht reicht aus, wenn ich vieles selbst mache“

Auch bei Eigenleistungen bleibst du Bauherr und damit in der Haftung. Die Police schützt dich vor Schäden Dritter, aber nicht vor Fehlern in der Planung oder Ausführung. Sobald du selbst oder Bekannte mitanpacken, steigt das Risiko. Gerade dann ist eine saubere Trennung der Verantwortlichkeiten essenziell.

„Die Berufshaftpflichtversicherung deckt automatisch Subunternehmerfehler mit ab“

Darauf solltest du dich nicht verlassen – oftmals nämlich zur zum Teil. Wenn du als Planer für Koordination oder Bauüberwachung zuständig bist, kann deine Berufshaftpflicht eingreifen. Sie ersetzt jedoch nicht die Betriebshaftpflicht des Unternehmers. Jeder Beteiligte muss seinen eigenen Schutz nachweisen, sonst drohen Versicherungslücken im Regressfall.

„Die Berufshaftpflicht greift auch bei privaten Bauvorhaben automatisch“

Nicht unbedingt. Wer als Architekt oder Ingenieur privat baut oder unentgeltlich für Freunde plant, ist nicht automatisch über seine Berufshaftpflicht abgesichert. Viele Policen decken nur beruflich beauftragte Tätigkeiten ab. Sobald du also privat planst oder dich einbringst, um anderen einen Gefallen zu tun, kann der Versicherungsschutz wegfallen. In solchen Szenarien solltest du das Vorhaben unbedingt vorher mit deinem Versicherer besprechen.

Typische Schadenbilder – und welche Police hier greift

In der Theorie klingt alles klar und einfach. Der Bauherr haftet für die Baustelle, der Planer für seine Planung. In der Praxis verschwimmen die Grenzen aber ganz schnell einmal, weil mehrere Parteien beteiligt sind und sich (Schadens-)Ursachen oft überlagern.

Personen- oder Sachschaden auf der Baustelle

Ein ganz klassischer Fall: Ein Passant stürzt in eine nicht ausreichend gesicherte Grube oder ein Besucher verletzt sich auf einem provisorischen Baustellenweg. In solchen Situationen greift die Bauherrenhaftpflicht. Sie deckt Schäden ab, die Dritten im Zusammenhang mit dem Grundstück oder der Baustelle entstehen, und übernimmt auch die Prüfung, ob Ansprüche berechtigt sind. Selbst wenn du eine Baufirma beauftragst, bleibst du als Bauherr in der Verantwortung, denn die Verkehrssicherungspflicht kannst du nicht vollständig abgeben.

Planungsfehler

Ein unvollständiger Brandschutznachweis, eine fehlerhafte Berechnung oder eine unpassende Materialwahl: Bereits kleinste Planungsdetails können große Auswirkungen nach sich ziehen. In solchen Fällen ist die Berufshaftpflichtversicherung des Architekten oder Ingenieurs gefragt. Sie übernimmt Schäden, die durch Planungs- oder Überwachungsfehler entstehen, ganz egal, ob Personen-, Sach- oder reine Vermögensschäden betroffen sind.

Ein typisches Beispiel: Ein falsch dimensioniertes Bauteil erfordert Nachbesserungen oder führt zu Terminverzögerungen – Kosten, die schnell in die Zehntausende gehen. Die Berufshaftpflichtversicherung prüft den Fall, reguliert berechtigte Ansprüche und schützt den Planer gleichzeitig vor unberechtigten Forderungen.

Ausführungsfehler durch Unternehmer

Wenn bei der Umsetzung etwas schief läuft – zum Beispiel ein Handwerker eine Leitung kappt oder ein Gerüstbauer die Sicherung vergisst, dann liegt die Verantwortung erst einmal beim ausführenden Unternehmen. Hier greift dessen Betriebshaftpflichtversicherung. Sie deckt Personen- und Sachschäden ab, welche direkt aus der Tätigkeit des Unternehmens resultieren. Allerdings kommt es in der Praxis häufig zu Regressketten. Wenn zum Beispiel die Bauleitung den Mangel hätte erkennen oder verhindern müssen, kann auch die Berufshaftpflicht des Planers beteiligt sein.

Bauzeitverzögerung durch Planänderung

Eine Planänderung mitten im Projekt klingt vielleicht nicht so wild, kann aber dennoch hohe Folgekosten verursachen. Bauzeitverlängerung, zusätzliche Mieten, neue Ausschreibungen – wenn die Verzögerung auf einen Planungsfehler oder eine unklare Schnittstelle zurückgeht, übernimmt die Berufshaftpflicht den entstandenen Vermögensschaden. Aber Vorsicht: Nicht jeder Vertrag deckt solche Verzögerungs- oder Pönalfolgen vollständig ab. Viele Policen begrenzen diese Risiken oder schließen sie teilweise aus. Darum gilt: Wer große Projekte betreut oder eng in Zeitpläne eingebunden ist, sollte seine Berufshaftpflichtversicherung auf diese Punkte prüfen und gegebenenfalls erweitern.

Ein kleiner Entscheidungs-Guide – Wer zahlt in welchem Fall?

Wenn ein Schaden auf der Baustelle passiert, lauten die ersten Fragen meist: Wer hat es verbockt? Und wer trägt jetzt die Verantwortung? Je mehr Beteiligte es gibt, desto schwieriger wird die Zuordnung. Bauherr, Planer, Unternehmer – alle haben eigene Pflichten, aber auch eigene Versicherungen.

Dabei kann es durchaus vorkommen, dass ein und dasselbe Schadenereignis gleich mehrere Haftpflichtversicherungen gleichzeitig betrifft:

  1. Der Bauherr hat das Bauunternehmen nicht sauber ausgewählt,
  2. der Ausführende hat schlecht gearbeitet
  3. und der Architekt oder Ingenieur hat seine Überwachungspflichten ebenfalls nicht ausreichend erfüllt.

Dieser Jackpot führt bei Großprojekten häufig zu einer sogenannten Streitverkündung, bei der alle Beteiligten in das gerichtliche Verfahren einbezogen werden. Dann liegt es an den jeweiligen Versicherern, die Haftung des jeweiligen Versicherungsnehmers zu klären, abhängig vom Verschuldensgrad.

Damit du im Ernstfall trotzdem schnell den Überblick behältst, hilft diese kleine Entscheidungstabelle. Sie zeigt dir, welche Police in welcher Situation typischerweise greift und worauf du achten solltest, wenn sich Zuständigkeiten überschneiden.

Frage Tendenz zur Police Erklärung
Wer ist geschädigt? Bauherrenhaftpflicht Wenn ein Dritter – etwa ein Passant, Nachbar oder Besucher – zu Schaden kommt, liegt die Verantwortung meist beim Bauherrn. Die Bauherrenhaftpflicht prüft und reguliert Ansprüche aus der Verkehrssicherungspflicht.
Was war die Ursache? Berufshaftpflicht Geht der Schaden auf einen Planungs-, Berechnungs- oder Überwachungsfehler zurück, greift die Berufshaftpflichtversicherung des Architekten oder Ingenieurs. Sie deckt sowohl Sach- als auch Vermögensschäden ab.
Wo trat der Fehler auf? Betriebshaftpflicht des Unternehmers Entsteht der Schaden während der handwerklichen Ausführung, ist die Betriebshaftpflicht des ausführenden Unternehmens zuständig – etwa bei Montagefehlern oder Beschädigungen.
Welche Folge überwiegt? Berufshaftpflichtversicherung mit Vermögensschadenbaustein Wenn der Hauptschaden kein Sach- oder Personenschaden ist, sondern eine finanzielle Folge – etwa Bauzeitverzögerung oder Kostenmehrung -, übernimmt die Berufshaftpflicht.
Wer hat die Baustelle organisiert oder überwacht? Berufshaftpflicht Wenn durch fehlende Koordination oder mangelnde Bauüberwachung Schäden entstehen, haftet der Planer oder Bauleiter. Hier greift die Berufshaftpflichtversicherung für Pflichtverletzungen im Rahmen der Bauüberwachung.
Ist der Schaden auf das Grundstück selbst zurückzuführen? Bauherrenhaftpflicht Rutscht jemand auf einem vereisten Zugang aus oder fällt ein loses Bauteil vom Grundstück, liegt die Ursache im Verantwortungsbereich des Bauherrn – abgesichert durch die Bauherrenhaftpflicht.

Dein nächster Schritt: Sicherheit mit System

Wenn du regelmäßig an Bauprojekten beteiligt bist, weißt du, wie schnell sich kleine Unklarheiten zu großen Haftungsthemen entwickeln können. Die meisten Streitfälle entstehen in der Regel nicht durch grobe Fehler, sondern durch Lücken im Versicherungsschutz oder Missverständnisse zwischen den Beteiligten.

Genau da setzen wir an. Gemeinsam prüfen wir, ob deine Berufshaftpflicht wirklich alle Leistungsbilder abdeckt, die du aktuell anbietest – von der klassischen Planung über Projektsteuerung bis hin zur Bauüberwachung. Wir werfen außerdem einen genauen Blick darauf, ob die geforderten Deckungssummen deiner Auftraggeber in deinen Verträgen auch so abgebildet sind und wie du mit einfachen Anpassungen teure Nachträge oder Deckungslücken vermeidest.

Du bekommst von uns keine pauschale Versicherung, sondern eine Absicherung, die exakt zu deinem Büro, deinem Risiko und deinen Projekten passt.

FAQ zum Thema "Bauherrenhaftpflicht vs. Berufshaftpflicht"

Wann überschneiden sich Bauherrenhaftpflicht und Berufshaftpflicht?

Überschneidungen gibt es oft bei größeren Projekten, wenn der Planer zusätzlich Bauüberwachung oder Projektsteuerung übernimmt. Kommt es zu einem Schaden auf der Baustelle, prüfen beide Versicherer, wer haftet: der Bauherr wegen seiner Verkehrssicherungspflicht oder der Planer wegen fehlerhafter Kontrolle. Klare Verträge und akribisch dokumentierte Zuständigkeiten helfen, Streitfälle bereits im Vorfeld zu vermeiden.

Wie hoch sollte meine Berufshaftpflicht als Planer oder Ingenieur sein?

Das hängt von der Projektgröße ab. Üblich sind etwa 3 Mio. Euro für Personen- und Sachschäden sowie 500.000 bis 1 Mio. Euro für Vermögensschäden. In der Praxis zeigt sich jedoch, dass bereits ein einzelnes Einfamilienhaus schnell einen Schadenwert von über 500.000 Euro erreichen kann. Daher empfehlen wir selbst bei kleineren Büros eine Deckungssumme von mindestens 1 Million Euro für Sach- und Vermögensschäden. Für etablierte Planungsbüros oder größere Projekte, wie etwa bei öffentlichen Aufträgen, sind höhere Limits ohnehin Standard und werden häufig auch vom Auftraggeber verlangt.

Brauche ich als Architekt oder Ingenieur beide Versicherungen - Bauherrenhaftpflicht und Berufshaftpflicht?

Nicht unbedingt beide, aber du solltest wissen, wofür jede steht. Die Bauherrenhaftpflicht ist für den Bauherrn gedacht, also für das Risiko rund um Grundstück und Baustelle. Deine eigene Absicherung ist die Berufshaftpflicht. Sie schützt dich, wenn durch Planungs- oder Überwachungsfehler Schäden entstehen. Wichtig ist, dass du weißt, welche Risiken in deiner Police tatsächlich abgedeckt sind – viele unterschätzen nämlich die Unterschiede.
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