Bau-Turbo: Welche Auswirkungen hat das Gesetz auf sicheres Bauen?

Am 30.10.2025 tritt der sogenannte Bau-Turbo in Kraft. Von der ersten Idee im Herbst 2023 bis zur finalen Gesetzesfassung vergingen knapp zwei Jahre. Ziel ist es, den Wohnraummangel schneller zu bekämpfen und Planungs- sowie Genehmigungsprozesse erheblich zu beschleunigen.

Hinweis: In frühen Entwürfen des Gesetzes war eine 2-Monats-Frist vorgesehen. Im final verabschiedeten Gesetz beträgt die Frist jedoch 3 Monate.

Bau-Turbo Titelbild
Julia Reusch
Julia Reusch

Wozu dient der „Bau-Turbo“?

Das Ziel besteht darin, die langwierigen Planungs- und Genehmigungsverfahren im Wohnungsbau zu reduzieren, um schneller und effizienter mehr bezahlbaren Wohnraum zu schaffen. Es soll dadurch gelingen, schneller an Bauflächen zu gelangen und die Nachverdichtung in Straßenzügen zu erhöhen. Dieses Gesetz trägt zur Lösung des Problems bis 2030 bei, um der Wohnungsknappheit entgegenzuwirken. Im Vordergrund steht dabei vor allem der bezahlbare Wohnraum für junge Menschen, Geringverdiener und sozial schwache Personen.

Maßnahmen des Bau-Turbo

  • Der Paragraf § 246e BauGB erlaubt es den Kommunen, Wohnbauprojekte innerhalb von zwei Monaten zu bewilligen, auch wenn diese den Vorgaben des Bauplanungsrechts nicht zu 100 % entsprechen und Abweichungen vorweisen.
  • Nachverdichtung und Aufstockung in Straßenzügen sind möglich, auch wenn Bebauungspläne dies noch nicht vorgesehen haben.
  • Flexible Handhabung von Lärmschutzregelungen und Nutzungsmischungen, um mehr Wohnungsbau zu schaffen.
  • Beschleunigung von Genehmigungsverfahren und weniger Bürokratie. Genehmigungen sollen kurzfristig innerhalb von zwei Monaten anstatt in mehreren Jahren erteilt werden.
  • Zulassung von sozialen und kulturellen Einrichtungen zur Unterstützung des Wohnungsbaus.
  • Der Bau-Turbo ist zeitlich bis zum 31. Dezember 2030 beschränkt.

Wer darf Gebrauch vom Bau-Turbo machen?

Kommunen müssen folgende Voraussetzungen erfüllen:

  • Es bedarf eines „angespannten Wohnungsmarktes“ in der Region. Dieser wird per Rechtsverordnung nach § 201a BauGB ausgewiesen.
  • Die Gemeinde muss dem Bau-Turbo zustimmen.
  • Das Bauvorhaben muss bis zum 31.12.2030 abgeschlossen sein.
  • Es muss mit öffentlichen Belangen vereinbar sein und darf keine erheblichen Umwelt- oder Nachbarschaftsbelastungen erzeugen.
  • Einschränkungen von Außenbereichen gelten, es sei denn, der Bereich schließt direkt an Siedlungen an.

Die Gemeinde hat drei Monate Zeit, über Anfragen des Bau-Turbos zu entscheiden. Erfolgt keine Rückmeldung, wird der Antrag genehmigt.

Schnelle Genehmigung eines Wohnprojekts

Eine Kommune in einer Großstadt nutzt den Bau Turbo, um ein Wohnprojekt mit 100 Einheiten innerhalb von zwei Monaten zu genehmigen, obwohl einige Vorgaben nicht vollständig eingehalten werden. Die schnelle Genehmigung ermöglicht es, den Bau noch vor Winterbeginn zu starten.

Nachverdichtung durch Aufstockung

Ein Investor möchte ein bestehendes Mehrfamilienhaus aufstocken, um mehr Wohnraum zu schaffen. Die Genehmigung erfolgt trotz abweichender Bebauungspläne, was die Bauherren zusätzliche Mieteinnahmen sichert.

Flexible Lärmschutzregelungen

Ein neues Wohnprojekt in der Nähe einer stark befahrenen Straße erhält die Genehmigung unter angepassten Lärmschutzregelungen, die es ermöglichen, den Bau trotz der Lärmbelastung durchzuführen.

Integration sozialer Einrichtungen

Neben einem neuen Wohnblock wird ein Gemeinschaftszentrum genehmigt, das sozialen Wohnungsbau unterstützt. Dies verbessert die Lebensqualität für die neuen Bewohner.

Berufshaftpflichtversicherung

  • Erweiterung des Deckungsumfangs: Es wird empfohlen, Rücksprache mit dem Versicherer des Vertrauens zu halten, um die Deckung entsprechend den neuen Risiken des Bau-Turbos anzupassen.
  • Erhöhung der Deckungssumme: Aufgrund der beschleunigten Planungs- und Genehmigungsverfahren steigt das Risiko von Fehlern und Haftungsansprüchen. Die möglichen Schäden steigen an. Rasante Umsetzungen haben zur Folge, dass es zu fehlerhaften Planungen kommt gerade im Hinblick auf komplexe Bauvorhaben. Entsprechend müssen die Deckungssummen und der Haftungsumfang angepasst werden.
  • Flexible Nachhaftungsfristen: Es ist wichtig, dass die Nachhaftungsfristen ausreichend berücksichtigt werden, da Ansprüche gegenüber Architekten und Ingenieuren erst Jahre nach längst abgeschlossener Leistung geltend gemacht werden.
  • Dokumentationspflichten und Risikomanagement: Weiter ist eine akribische Dokumentation bezüglich der Leistungen und der projektspezifischen Kommunikation von Architekten hilfreich, um Haftungsrisiken zu minimieren. Dies ist von Interesse für alle beteiligten Parteien.

So sicherst du dich richtig ab

Kommt es zu Vergaben, die aus dem Bau-Turbo initiiert wurden, ist eine Anpassung der Berufshaftpflichtversicherung unumgänglich, um alle Belange abzusichern und häufige Fehler zu vermeiden, wie folgende:

  • Unzureichende Dokumentation: Fehlerhafte oder unvollständige Unterlagen können zur Ablehnung des Antrags führen.
  • Ignorieren von Nachhaftungsfristen: Viele Architekten vergessen, dass Ansprüche auch Jahre nach Projektabschluss geltend gemacht werden können.
  • Fehlende Absprache mit der Kommune: Wenn Bauunternehmer die Genehmigungsanforderungen nicht berücksichtigen, kann dies zu Verzögerungen und zusätzlichen Kosten führen.

Es gilt zu beachten, dass Versicherer und Versicherungsnehmer im Hinblick auf die Veränderungen des Bau-Turbos und die damit verbundenen erhöhten Anforderungen an die Risikobewertung und Vertragsgestaltung im engen Austausch stehen müssen. Gemeinsam sollten sie die notwendigen Vorkehrungen treffen, um Schäden zu reduzieren oder abzusichern.

 Vergabebeschleunigungsgesetz

Ein weiterer verkürzender Prozess in der Baubranche ist in Planung von Seiten der Regierung das Vergabebeschleunigungsgesetz vom 6. August 2025, ein weiterer Schritt, um der Bürokratie entgegenzuwirken. Wann das Vergabebeschleunigungsgesetz in Kraft tritt, steht jedoch noch nicht fest und ob es eher „heiße Luft oder echte Erleichterungen für die Vergabe im Bauwesen“ ist, bleibt abzuwarten.

Lies mehr zum Thema in der aktuellen Ausgabe unseres HDI INGletters aus dem Oktober.

Bau-Turbo im Kopf, Versicherungsschutz im Blick?

Der Bau-Turbo, der am 30.10.2025 in Kraft tritt, soll die Planungs- und Genehmigungsverfahren im Wohnungsbau deutlich beschleunigen. Kommunen können künftig innerhalb von drei Monaten Projekte genehmigen – auch dann, wenn diese von bestehenden Vorgaben abweichen. Das erleichtert den Bau von bezahlbarem Wohnraum, bringt aber gleichzeitig neue Anforderungen und Risiken für Planer und Architekten mit sich. Um mögliche Haftungsrisiken zu minimieren, ist eine Überprüfung und ggf. Anpassung der Berufshaftpflichtversicherung sinnvoll.

Flexibilität ist gut. Aber nur dann, wenn dein Schutz auch Schritt hält. Wenn du keinen festen Ansprechpartner hast oder unsicher bist, ob deine Deckung ausreicht, melde dich gern bei uns. Gemeinsam finden wir eine Lösung, die zu deinem Büro und deinen Projekten passt.

FAQ zum Thema "Bau-Turbo"

Gilt ein Bauvorhaben wirklich als genehmigt, wenn die Kommune nicht reagiert?

Ja. Wenn eine Kommune einen Antrag nicht innerhalb von drei Monaten bearbeitet, gilt er automatisch als genehmigt. Dadurch entfällt der bisher übliche lange Genehmigungsprozess.

Für Bauherren und Planer bedeutet das: mehr Planungssicherheit und weniger Wartezeiten. Gleichzeitig steigt der Druck, frühzeitig vollständige Unterlagen abzugeben, denn nach der Frist gibt es kein reguläres Kontrollverfahren mehr. Fehler oder Unklarheiten fallen dann häufig erst später auf – und können teuer werden. Deshalb sind eine saubere Dokumentation und klare Kommunikation mit der Kommune das A und O.

Welche Auswirkungen hat der Bau-Turbo auf meine Haftung als Architekt oder Ingenieur?

Der Bau-Turbo verändert nicht die Haftungsregeln, sondern die Rahmenbedingungen, unter denen du arbeitest. Durch beschleunigte Verfahren bleibt weniger Zeit für Abstimmungen, Rückfragen und Korrekturen. Fehler in Planung oder Statik können schneller übersehen werden, weil Entscheidungen unter Zeitdruck getroffen werden müssen. Kommt es später zu Schäden, haftest du wie bisher für deine Planungsleistung, unabhängig davon, wie schnell das Projekt am Ende genehmigt wurde.

Muss ich meine Berufshaftpflicht wegen des Bau-Turbos anpassen?

Es ist zumindest sehr sinnvoll, deinen Versicherungsschutz zu prüfen. Schnelleres Arbeiten führt erfahrungsgemäß zu mehr Risiko – und die Schadenssummen bei Bauprojekten sind oft hoch. Wichtig sind vor allem:
  • ausreichende Deckungssumme (steigende Bausummen = höhere Risiken),
  • Nachhaftungsfristen (Ansprüche können Jahre später geltend gemacht werden),
  • erweiterter Deckungsumfang bei Planungsfehlern oder Dokumentationslücken.

Eine kurze Abstimmung mit deinem Versicherer oder Berater schafft schnell Klarheit.

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